Mann und Frau
Frauen wissen, wovon Männer träumen
Im Tierreich täuschen fast alle Weibchen beim Balzritual Passivität vor. In Wirklichkeit sind die Tierdamen sehr aktiv. Sie sind es und nicht die Männchen, die den ersten Schritt in Richtung Sex machen. Ganz unverhohlen locken sie mit ihren Sexualduftstoffen. Denen können die Männchen nicht widerstehen. Darauf sind sie programmiert und kommen sogleich angetrottet.
Ähnlich unschuldig gebärdet sich auch die Menschenfrau. Beim Anbändeln gibt sie sich harmlos und naiv, tut so, als trüge sie nichts dazu bei, wenn ein Mann auf ihren Körper Appetit bekommt. Die Wahrheit ist: Frauen tun alles Mögliche, um von Männern beachtet zu werden. Sie lieben es ganz außerordentlich, wenn diese ihren Körper betrachten und begehren. Deshalb betonen sie ihre schwungvollen Kurven, zeigen verlockende Haut.
Mit knappen Tops, engen Hosen und bauchfrei schlendern Frauen über die Straße. Beim Ball oder Empfang zeigen sie sich in atemberaubenden Fummeln. Tief dekolletiert, hauteng oder mit einem langen Schlitz im Rock präsentieren die Damen ihre Sahnestücke: Busen, Beine, Po. Topless und mit String-Bikinihöschen promenieren sie an den schönsten Stränden dieser Welt. Das weibliche Geschlecht hat sich zur attraktiven Beute gemacht. Es ist das ewig gleiche Spiel der Geschlechter. Seit Jahrhunderten funktioniert es wunderbar nach immer derselben Formel: Sie lockt, er lässt sich locken. Sie gibt vor, passiv zu sein, er mimt den Eroberer und wird aktiv. Doch bei diesem Geplänkel der Geschlechter mischt die Natur kräftig mit.
Wir sind nicht soeben vom Baum gesprungen, betonte einmal der Soziologe Helmut Schelsky. Dennoch konnten wir unsere archaische Vergangenheit nicht vollständig abschütteln. Wir tragen eine ordentliche Portion Triebe in uns, was unser Überleben sichert. Keine Frage, wir haben unsere Triebe kräftig gezügelt. Aber sie haben noch immer ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Und der Sexualtrieb mischt besonders mit. Anzunehmen, wir würden nur aus Spaß Sex haben, wäre ein Irrtum und reichlich naiv. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Sex macht uns Spaß, weil die Natur es so will. Spaß beim Sex ist der Garant für die Fortpflanzung der Gattung Mensch. Die Natur hat alles getan, damit dieses Prinzip funktioniert.
Als man Prinzessin Chimay fragte, was in aller Welt sie denn zu Rigo, dem Zigeuner, hingezogen habe, antwortete sie in »ehrlicher Laune«: »Sein Geruch.« Als Arthur Miller sich in Marilyn Monroe verliebte, waren es ihre Kurven (91 – 61 – 86), die ihn sprachlos machten. Doch dass wir wegen hinreißender Hinterbacken heiraten oder wegen eines dicken Bankkontos, davon wollen wir natürlich nichts wissen. Wir bevorzugen rationale Erklärungen, die die Wahl unserer Partner rechtfertigen. Sie klingen charmanter und sind eines zivilisierten Menschen würdiger. In Wirklichkeit aber wollen wir uns erfolgreich fortpflanzen. Deshalb sind wir recht pingelig bei der Geschlechterwahl und nehmen nicht jeden x-Beliebigen.
Uns gefallen Frauen, die weiblich sind, und Männer, die ihren Mann stehen. Das sind Vorgaben, die die Natur unseren Vorfahren einimpfte. Hätten sie diese nicht ernst genommen, würde es uns heute vermutlich nicht geben. So suchte sich der Urmann ein junges, gesundes Weib, an dem was dran war. Das versprach Fruchtbarkeit. Und das Urweib suchte sich einen gesunden starken Mann. Der versprach Schutz und Versorgung während der Kinderaufzucht. Nur so konnten beide sichergehen, dass ihre gemeinsamen Nachkommen eine Überlebenschance und damit ihre Gene eine Zukunft hatten. Millionen Jahre sind seither vergangen, aber viel weiter sind wir nicht gekommen. Noch immer finden Männer das Gleiche an Frauen und Frauen das Gleiche an Männern attraktiv. Trotz des aufrechten Ganges, abschließbarer Häuser, Pille und Kinderzeugung durch künstliche Befruchtung, ja selbst wenn wir keinen Kinderwunsch verspüren.
Dass nur die wenigsten einen Traummann oder eine Traumfrau abbekommen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Egal wie durchschnittlich wir aussehen oder sind, wir streben stets nach den Dingen, die uns für das andere Geschlecht attraktiv machen. Wenn sich Männer nach einer bestimmten Frau umdrehen, die sie niemals erobern können, und Frauen sich von einem bestimmten Mann angezogen fühlen, der für sie unerreichbar ist, dann zeigen sich darin die tatsächlichen Wahlkriterien. Die freie Wahl haben jedoch nur die Hochattraktiven unter uns. Je attraktiver jemand ist, desto höher sind dessen Ansprüche bei der Partnerwahl und desto wahrscheinlicher ist die Garantie, diese einzulösen zu können.
Es geht also darum, bei der Partnerwahl eine gute Figur zu machen. Das machen Frauen, indem sie sich mit ihrem Körper große Mühe geben. Sie wollen Blicke auf ihn lenken. Auf immer neue Art werden dabei die weiblichen Attribute unterstrichen. Einmal ist es die Taille, ein andermal sind es die Brüste, der Po, die Hüften oder die Beine, die Frauen besonders hervorheben. Stets aber ist es das markant Weibliche, das Männer an Frauen körperlich anziehend finden.
Bisweilen nehmen die Unterstreichungen der weiblichen Attribute groteske Formen an. Doch gleichgültig wie die Verschönerungen aussehen, zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben sie den gleichen Zweck. Sie schüren die Aufmerksamkeit der Männer, machen attraktiv und sind beziehungsweise gelten als ausgesprochen weiblich: ob die extrem geschnürten Wespentaillen des neunzehnten Jahrhunderts, die hohen Plateauschuhe der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts, die gebundenen Füße der Chinesinnen, die untertassengroßen Lippenplatten der Suri-Frauen aus Südwestäthiopien oder die mit Silikon aufgespritzten Lippen heutiger westlicher Frauen.
Die Übertreibungen der weiblichen Anlagen durch Bekleidungsstücke, Accessoires oder körperliche Manipulationen bewirken etwas ganz Entscheidendes: Sie schaffen gewissermaßen ein Superweib. Denn eine Frau mit extrem weiblichen Merkmalen lässt bei einem geschlechtsreifen Mann keinen Zweifel an ihrer Fortpflanzungsfähigkeit aufkommen.
Nicht nur für diese Art der Weiblichkeit nehmen Frauen viel in Kauf, sondern auch für die ganz »alltägliche« Weiblichkeit. Legt eine Inderin ihren Sari aus Seide an und macht sich für ein Fest zurecht, benötigt sie gut und gerne zwei bis drei Stunden. Ihre schwarze Schwester aus Ostafrika muss hingegen ein bis zwei Tage allein für eine kunstvolle Flechtfrisur nach Landessitte einplanen. Im Orient wiederum dauerten die Schönheitsvorbereitungen einer Braut, die einem Scheich zugeführt wurde, mindestens sechs Monate. Hierzulande braucht eine Frau im Durchschnitt eine Dreiviertelstunde, um sich stadtfein zu machen, einen halben Tag, um sich für die Disko zu rüsten, und manchmal Tage, um sich auf einen bestimmten Anlass vorzubereiten.
Wozu der Aufwand? Weshalb scheuen Frauen weder Kosten, Mühe noch Zeit für ihre Schönheit? Warum nehmen sie unbequeme Kleidung und Verschönerungsschmerzen hin, um attraktiv zu sein? Die Antwort ist schlicht: Sie möchten gefallen. Genauer: Sie möchten den Männern gefallen und von diesen begehrt werden. Männer wiederum sind verrückt nach Frauen, die ihre Weiblichkeit unterstreichen. Beides – die weibliche Lust, sich herauszuputzen, und die diesbezüglichen männlichen Vorlieben – hat mit Partnerwahl und Schönheitsvorstellungen zu tun. Dahinter wieder verbirgt sich der ewig gleiche Wunsch nach erfolgreicher Fortpflanzung. Von daher ist es gewissermaßen eine natürliche Anlage und durchaus sinnvoll, wenn Frauen alles Erdenkliche tun, um Männern zu gefallen. Offenbar ist dieses menschliche Balzverhalten so und nicht anders angelegt.
Das belegen unzählige Beispiele aus Gegenwart und Vergangenheit unserer und anderer Kulturen, aber auch biologische Vorgaben sowie Entsprechungen in der Tierwelt. Beständig und auf allen Kontinenten trifft man das gleiche Verhaltensmuster von Mann und Frau beim Liebesgeplänkel. Es ist eine der universellen Konstanten im Verhältnis der Geschlechter